Viele Behandlungsmethoden, die heute in der Verhaltenstherapie angewendet werden, sind schon seit Jahrhunderten Kulturgut.
Bei den Urvölkern können Rituale als Übungen zum veränderten Verhalten und zur Mutstärkung bezeichnet werden. Durch Übungen erlernen sie das Jagen und die Kontrolle ihrer Angst. Auch heute überwinden sich Kinder immer mal wieder zu Übungen, die eine Art Verhaltenstraining darstellen, wenn sie sich zum Beispiel allein und mit Angst in den dunklen Keller wagen, oder sich doch überwinden müssen, allein Einkäufe zu tätigen.
Es gab immer Menschen, die versucht haben, ihr Verhalten zu verändern. Ein Beispiel aus der Antike ist Demosthenes, welcher unter einem Sprachfehler litt, den er durch Sprachübungen korrigierte: Er legte sich einen kleinen Kieselstein in den Mund und artikulierte mit diesem gegen das Meer lautstark Sätze. Dadurch verbesserte er sein Sprechen derart, dass er zu einem großen Redner wurde. Ein anderes Beispiel ist die von Johann Wolfgang von Goethe dokumentierte Selbstbehandlung seiner Höhenangst.
Erste verhaltenstherapeutische Anwendungen aus dem im Jahre 1924 sind auch bekannt: Mary Cover Jones therapiert einen ängstlichen Jungen von einer Phobie durch Konfrontation mit dem angstauslösenden Objekt. Erst nach dem 2. Weltkrieg gelang es der Wissenschaft, lerntheoretisch fundierte Verfahren systematisch zur Behandlung psychischer Störungen, insbesondere Phobien, einzusetzen. Schwerpunktmäßig wurde das Verfahren in Südafrika, England, den USA und Deutschland weiterentwickelt.
Als psychotherapeutisches Verfahren war die Verhaltenstherapie zunächst an Erkenntnissen der experimentellen Psychologie und den daraus abgeleiteten Lerntheorien orientiert und beinhaltete ein eher mechanistisch geprägtes Menschenbild. In den 60er Jahren rückte der Einfluß der sozialen Umwelt für menschliches Verhalten stärker in ihren Blickpunkt. Mit der sogenannten kognitiven Wende der Verhaltenstherapie in den 70er Jahren traten Gedanken, Gefühle, Selbstkontrolle und Problemlösungsverhalten in den Mittelpunkt der Erklärungsansätze.
Im deutschen Sprachraum haben sich neuere sozial-kognitive Ansätze der Verhaltenstherapie weitgehend durchgesetzt.